Problembeschreibung

Was sind Grenzwerte und wie kommen diese zustande?
Eines ist klar: Grundsätzlich haben berauschende Substanzen eine beeinträchtigende Auswirkung auf die Fahrtauglichkeit. Auf eine Teilnahme am Straßenverkehr im akuten Rauschzustand, egal ob der Rausch aus dem Konsum von Alkohol oder Cannabis resultiert, sollte unbedingt verzichtet werden!
Da es aber in der Praxis immer wieder zu sogenannten „Rauschfahrten“ kommt, wurden rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, um die Risiken für die Gesellschaft in einem verträglichen Rahmen zu halten. So wurden als Ergebnis umfangreicher Studien für Alkohol Grenzwerte festgelegt, welche als Kriterium für eine hinreichende Trennung zwischen Konsum und Fahrtantritt genutzt werden.
Die wissenschaftliche Grundlage, auf denen die Grenzwerte basieren, bildet die relative Unfallwahrscheinlichkeit, in der Fachliteratur auch Odds-Ratio genannt. Eine Odds Ratio von 1 entspricht dabei dem nüchternen und ausgeschlafenen Fahrer, ein Wert größer 1 bedeutet eine erhöhte Unfallwahrscheinlichkeit, dementsprechend bedeutet ein Wert kleiner 1 eine Verringerung der Unfallwahrscheinlichkeit.
Beim Alkohol wurde ein europaweit einheitlicher Grenzwert von 0.5 Promille für die Blut-Alkohol-Konzentration festgelegt, welcher einer Odds Ratio von 2,05 entspricht – mit anderen Worten: die Unfallwahrscheinlichkeit ist im Vergleich zum nüchternen Fahrer in etwa verdoppelt. Darüber hinaus sind in Deutschland weitere Schwellwerte rechtskräftig: Ein Grenzwert, der die absolute Fahruntauglichkeit von einer relativen Fahruntauglichkeit unterscheiden soll (1.1 Promille, entspricht einer Odd Ratio von 9,11), sowie ein zweiter Wert von 0.3 Promille (entspricht einer Odd Ratio von 1,20), bei dessen Unterschreitung eine Beeinflussung des Fahrers generell als ausgeschlossen gilt.
Die Ungleichbehandlung: Der willkürliche Cannabis-Grenzwert
Im Vergleich zum Alkohol gibt es für Cannabis nur einen Grenzwert, der zur Feststellung einer Trunkenheits- oder Rauschfahrt herangezogen wird. Bei diesem Grenzwert handelt es sich um einen „analytischen Grenzwert“. Dieser Wert stellte zum Zeitpunkt der Festlegung in den 90er Jahren die Grenze dar, bis zu welcher es möglich war, eine zuverlässige Messung mit technischen verfügbaren Mitteln durchzuführen. Grundlegend sei hier angemerkt: Bei dieser Art der Festlegung besteht kein Zusammenhang zur Rauschwirkung und damit zur Verkehrssicherheit!
Was ist das Problem mit den Messungen bei Cannabis?
Aktuell liegt der Grenzwert bei 1 ng/ml THC im Blutserum. Abhängig vom Konsumverhalten wird dieser Wert bis zu 72 Stunden nach dem Konsum überschritten – während Studien zur Beeinflussung der Fahrtauglichkeit durch THC eindeutig aufzeigen, dass je nach Konsumform die berauschende Wirkung bereits nach wenigen (3-6h) Stunden vollständig verflogen ist! Da der Wirkstoff THC im Blut schlecht löslich ist, lassen sich aus bei Verkehrskontrollen entnommenen Blutwerten keine unmittelbaren Rückschlüsse auf einen akuten Rauschzustand treffen lassen. Aus der schlechten Löslichkeit des Wirkstoffes und der Abbauprodukte ergibt es sich, dass die Ausscheidung dieser Substanzen aus dem Körper verhältnismäßig lange dauert – wesentlich länger als es bei Alkohol der Fall ist. Dies hat wiederum zur Folge, dass nicht-psychoaktive Abbaustoffe über einen sehr lange Zeitraum in verschiedenen Körperflüssigkeiten nachgewiesen werden können, auch wenn der Zeitpunkt des Konsums länger zurückliegt.
So können in den Schnelltests für Urin die Abbaustoffe wie THC-COOH noch bis zu 8 Wochen nachgewiesen werden. Andererseits schlagen beispielsweise Urin-Schnelltests auf den berauschenden Wirkstoff THC selbst gar nicht an, sondern nur auf einen der Abbaustoffe – sie sind also ungeeignet, um etwa bei einer Verkehrskontrolle eine Beurteilung der Fahrtauglichkeit zu ermöglichen. In aktuellen Untersuchungen aus den USA, in denen die Auswirkung von gegessenen Cannabis-Produkten auf die Fahrtauglichkeit erforscht werden sollte, konnte im Blut einiger Testpersonen zu keinem Zeitpunkt THC nachgewiesen werden, obwohl die Testpersonen subjektiv und objektiv berauscht waren. Kurz: Messverfahren, die auf wässrigen Körperflüssigkeiten beruhen, sind nach dem aktuellen Stand der Forschung gänzlich ungeeignet, eine THC-Berauschung nachzuweisen.

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