Marvin Schmidt* (Name geändert) – 1,0 ng nach 13 Tagen

Früher habe ich gerne ab und zu mal Cannabis geraucht. Vielleicht 3 Gramm die Woche. Meistens abends einen kleinen Feierabendjoint. Ich hatte aber durchaus auch Tage, an denen ich gar nichts konsumiert habe. Ich habe sehr niedrig dosiert geraucht und mich eigentlich nicht täglich weggedröhnt. Ich habe meinen Konsum also zur Erholung und Entspannung genutzt.
 
Eines ist mir überaus wichtig: Ich bin noch nie in meinem Leben bekifft Auto gefahren. Im Gegenteil, ich habe es gehasst, wenn ich bei Freunden von mir mitbekommen habe, wie sie Bong rauchten und sich dann kurz darauf in ein Auto setzen. Ich habe dafür absolut gar kein Verständnis, da ich der Meinung bin, dass die Reaktionszeit durch Cannabis bis 6 Stunden nach dem Konsum doch erheblich beeinträchtigt sein kann. Wenn man Cannabis konsumiert, sollte man aus meiner Sicht erst am nächsten Morgen wieder ein Fahrzeug führen.
 
Am 31.12.2016 hatte ich mir, wie so viele, einen Neujahrsvorsatz gefasst. Da Ende März praktische Abschlussprüfung in meiner Uni anstanden und ich Angst hatte durchzufallen, beschloss ich, bis zur Prüfung kein Cannabis mehr zu konsumieren. So konnte ich mich intensiver auf die Prüfung vorbereiten und bei einem eventuellen Versagen dies nicht auf den Konsum schieben. Ich hörte also komplett mit dem Cannabiskonsum auf.
 
Am 13.1.2017 – also ganze 13 Tage nachdem ich meinen letzten Joint am Silvesterabend geraucht hatte – kam ich in eine Polizeikontrolle. Hier wurde mir unterstellt, ich hätte rote Augen. Weil ich sehr aufgeregt war, schließlich wurde ich ohne jeden Grund angehalten, habe ich die Tests, die die Beamten vor Ort gemacht haben, anscheinend nicht gut absolviert.
Ich fühlte mich von den Beamten vorgeführt und habe in dem vermeintlichen Wissen, dass ich nach 13 Tagen kein aktives THC mehr im Blut haben kann, den Urintest verweigert. Der Staatsanwalt hat die Blutentnahme genehmigt und so fuhr ich mit zur Ärztin. Die Ärztin hat dann allzu komische Dinge bei mir diagnostiziert. So hätte ich ein angebliches Flackern der Augenlider und meine Pupille würde bei Licht etwas langsamer als normal reagieren. Ich war zu dem Zeitpunkt schon sehr müde, da es nach 23 Uhr abends war. Jedenfalls erklärte ich mir so diese Symptomatiken.
 
Mir wurde also Blut abgenommen. Ich hatte insgeheim gehofft, gegen dieses Vorgehen im Nachhinein vorgehen zu können, da ich, wie gesagt, ohne jeglichen Anhaltspunkt angehalten wurde.
Vier Wochen später bekam ich Post von der Polizei, in der ich vorgeladen wurde. Hier legte man mir die Werte auf den Tisch: 1,0 ng aktives THC, 4,1 ng Carbonsäure, THC-OH nicht nachweisbar.
Zwei bis drei Monate später kam der Bußgeldbescheid mit einer Zahlungsaufforderung über 870 Euro (inklusive Bußgeld, Test, Aufwand, etc.), 1 Monat Fahrverbot und 2 Punkte in Flensburg.
Ich habe sofort einen Anwalt eingeschaltet. Ergebnis: Es ist nahezu unmöglich, juristisch dagegen vorzugehen. Es sei denn, man hat ein paar tausend Euro zu viel. Die MPU kommt bestimmt und so mache ich zur Zeit schon einen Abstinenznachweis. Ich will, wenn sich in ein paar Monaten oder Jahren die Fahrerlaubnisbehörde meldet, einen Nachweis vorzeigen können.
 
Voraussichtlich wird mir die Behörde gelegentlichen Konsum ohne Trennungsvermögen vorwerfen. Die Blutwerte belegen für sie wahrscheinlich, dass ich als Gelegenheitskonsument wenige Stunden vor der Fahrt konsumiert habe, obwohl dies nicht der Fall war. Die Kosten bis jetzt: 1300 Euro für Strafe, Anwalt und das 1. Screening.
 
Ich vermute das aktive THC von 1,0 ng kommt zustande, weil ich viel Sport getrieben habe in der Zeit vom 1. bis zum 13. Januar und auch an Körperfett verloren habe. Möglicherweise wurde das in den Fettzellen eingelagerte THC von der Leber wieder freigesetzt.
 
Es ist halt so eine Sache mit diesen Tests: Wenn die Behörden keine validen Tests zum Trennungsvermögen von Cannabiskonsum und Autofahren vorlegen können, sollten sie diese auch nicht verwenden!
 
Das Schlimmste für mich an dem Vorfall ist, dass ich einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt werde – nämlich das Führen eines Kraftfahrzeuges unter dem Einfluss von THC, obwohl dies ganz klar nicht der Fall war! Man fühlt sich von dem Rechtsstaat enttäuscht und fragt sich einfach, in was für einem von staatlicher Willkür geprägten Land man lebt, wo Gesetze verabschiedet werden, die weit entfernt von jeglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen liegen und schlicht und ergreifend repressiv sind.
 
Schlimm ist auch, dass ich gegenüber allen meinen Verwandten, vielen Freunden und Bekannten nun ohne Führerschein da stehe wie ein Vollidiot, der bekifft Auto fährt. Das ist mir einfach schrecklich unangenehm, da ich NIE bekifft Auto gefahren bin!